Sanierung des Beelitzer Wahrzeichens schreitet voran / Streit um Nutzung

(Artikel von Jürgen Stich in der "Märkischen Allgemeine" vom 17. Januar 2002)

Das Baugerüst an der Westfassade des Beelitzer Wasserturms ist gestern gefallen. Damit ist der Blick auf einen restaurierten Teil des 35 Meter hohen, denkmalgeschützten Bauwerks endlich frei. "Wir liegen völlig im Zeitplan", versicherte Archtekt Jürgen Götz gestern der MAZ. Götz ist Vorsitzender des Vereins zur Rettung des Beelitzer Wasserturms, der im Auftrag der Stadt die Sanierung des Turms verantwortet.

Blickpunkt der fertigen Fassade, die zur Karl-Liebknecht-Straße zeigt, ist der Balkon am ersten Obergeschoß, der mit neuen Ziegelsteinen aufgemauert wurde. Die stammen zwar nicht aus Glindow sondern aus Großreschen, kommen den originalen Steinen aber sehr nahe. Götz ist überzeugt: "Das neue Material hält für die nächsten 100 Jahre."

Auch im Innern des Wasserturms hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan. So sind das neue Treppenhaus und der Aufzug bis zur dritten Etage nach oben gewachsen. Der Verein will in den ersten drei Geschossen, die eine Höhe von jeweils 6,50 Meter haben, Galerien einbauen, die man über die alte Turmtreppe erreichen kann. Teile der alten Treppe müssen aber demontiert werden. "Historische Geländer werden aber nicht weggeworfen, sondern in die Inneneinrichtung integriert". erklärt Jürgen Götz.

Die geschätzten Kosten für das gesamte Projekt liegen bei rund 1,4 Millionen Euro (2,8 Millionen Mark). Das Geld fließt  aus den verschiedensten Töpfen, laut Götz ist der Beelitzer Wasserturm in Brandenburg das Denkmal mit den zahlreichsten Förderern. Beteiligt sind unter anderem das Land, der Kreis Potsdam-Mittelmark, die Toto-Lotto-Stiftung und die Mittelbrandenburgische Sparkasse.

Wenige Minuten vor dem Abbau des Gerüsts an der Westfassade des Beelitzer Wasserturms wurde diese Aufnahme gemacht. Noch in diesem Jahr sollen alle Gerüste fallen.

Die Stadt hat an den Verein außerdem GFG-Mittel weitergereicht,damit dieser seinen Eigenanteil, den er dem wichtigsten Fördermittelgeber "Deutsche Stiftung Denkmalschutz" nachweisen muss, aufbringen kann. "In diesem Jahr stehen uns rund 430 000 Mark zur Verfügung", sagte Götz.

Um die Kasse ein wenig aufzubessern, verkauft der Verein symbolisch Treppenstufen im Turm. Eine Stufe kostet 250 Euro, wer sich per Namensschild auf seiner Treppe verewigen will, legt noch 20 Euro drauf. Elf Stufen sind bereits "verkauft", insgesamt sind 190 im Angebot.

Ungereimtheiten zwischen der Stadt und dem Förderverein gibt es in Fragen der Nutzung des sanierten Turmes. Laut Götz hat der Verein ein Konzept ausgearbeitet. So soll im Erdgeschoss ein Cafe einziehen. Wer es betreiben könnte, ist noch offen, gedacht war schon einmal an ein Schülercafe fürs benachbarte Gymnasium.

Darüber ist eine Wohnung geplant, die einem potentiellen Käufer oder Mieter 110 Quadratmeter Wohnfläche bietet. Einziges Problem : Die riesigen Fenster lassen sich nur in einer Höhe von 3,20 Meter öffnen, müssten also geteilt werden , damit man sie benutzen kann.

Im zweiten Obergeschoss kann sich der Verein ein Büro vorstellen. Über diesem Raum liegt der alte Wasserkessel, den man in einen Clubraum mit Platz für 20 bis 25 Menschen umbauen will. Es folgt - bereits in schwindelnder Höhe - ein Aussichtscafe, mit der Möglichkeit, nach draußen zu treten, um den Blick über die Landschaft zu genießen.

Für das Dachgeschoß ist etwas besonderes vorgesehen. Auf den Turm soll eine Kuppel gesetzt werden, in der in Zusammenarbeit mit dem Astrophysikalischen Institut Potsdam eine Sternwarte eingerichtet wird. Götz : "Die Vermarktung der Turmräume gelingt nur, wenn wir eine Mischung verschiedener Nutzungen zulassen." Deshalb sei der Verein gegen einen reinen Wohn- oder Büroturm.

Wenn die Finanzierung nicht wackelt, könnte die äußere Hülle des Turmes Anfang Herbst 2002 fertig sein, schätzt Götz. Deshalb drängt er darauf, "bereits parallel in diesem Jahr mit der Vermarktung zu beginnen". Sein Vorschlag: Die Stadt verkauft einer zu gründenden Gesellschaft den Turm zu einem symbolischen Preis. Diese Gesellschaft hätte dann das Risiko der Vermarktung zu tragen. Mitglieder des Fördervereins haben sich bereit erklärt, an einer solchen Lösung mitzuwirken.

Bürgermeister Thomas Wardin, der sich gestern vom Baufortschritt überzeugt, will aber den Turm nicht übereilt aus der Hand geben. "Immerhin sind hier öffentliche Gelder investiert worden." Er drängt darauf, sich zunächst auf die Sanierung zu konzentrieren. Wie man hört, ist aber nicht auszuschließen, dass die Frage der Turmnutzung bald Thema in der Stadtverordnetenversammlung sein wird.

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